Gibt es grün zertifizierte Lösemitteltinten? - Eine Kolumne von Lothar Diebold (Werbetechnik 6.2016)

Meine Antwort auf die oben gestellte Frage lautet Nein. Denn ich assoziiere mit dem Ausdruck „grün zertifiziert“ Umweltfreundlichkeit. Allerdings: Wie der Name schon sagt, beinhaltet jede Lösemitteltinte – ob grün zertifiziert oder nicht – in irgendeiner Form Lösemittel, die niemals harmlos oder ungefährlich für Umwelt und Gesundheit sein können.

Deshalb finde ich auch eine solche Zertifizierung fraglich. Es stellt sich nämlich die Frage, was genau sie beinhaltet. Wenn man einmal genau hinsieht, stellt sich heraus, dass sie in der Regel nicht für die Tinte selbst gilt, sondern für das fertige Produkt. Getestet wird die Ausgasung von Drucken zum Beispiel auf unbeschichteten Papieren. Dass man davon nun nicht auf den gesamten Produktionsprozess schließen kann, Stichwort: nötige Absauganlage am Drucker, sollte klar sein. Die Druckdienstleister kommen natürlicherweise nicht nur mit dem fertigen, ausgegasten Produkt in Berührung, sondern auch mit der Lösemitteltinte selbst. Diese Einschränkung der Zertifikate geben manche Hersteller an, andere allerdings nicht. Und das ist aus meiner Sicht nicht kundenfreundlich. Es sollte darauf hingewiesen und nicht verschwiegen werden.

Überhaupt möglich ist das, weil sich die Zertifizierungsinstitute ihre eigenen Regeln geben. Was die jeweiligen Zertifizierungsregeln betrifft, gibt es keine übergreifenden Bestimmungen oder eine Kontrolle. Was man auch im Hinterkopf behalten sollte: Die Prüflabore sind kommerziell agierende Unternehmen, die mit der Vergabe von Zertifikaten ihr Geld verdienen. Für Unternehmen, die ihre Produkte zertifizieren lassen, sind die Siegel ein willkommenes Marketinginstrument. Deshalb rate ich dazu, einer solchen Zertifizierung immer mit Vorsicht zu begegnen. Wenn die Zertifizierung lediglich für das fertige Produkt gilt, aber dafür auf einem unbeschichteten Papier getestet wird, frage ich: Wo ist der Praxisbezug?

Sinnvoll aus meiner Sicht wäre es, wenn jemand das tatsächliche Produkt, die Tinte, testen würde – und nicht den fertigen Ausdruck. Die Frage aber ist, wer macht das? Ich selbst habe schon einmal beim TÜV angefragt; nach einer Zertifizierung, die gewisse Qualitätskriterien erfüllt. Eine Tinte zu zertifizieren wurde allerdings abgelehnt, der Aufwand zum Testen sei schlichtweg zu groß. 

Lothar Diebold ist Gründer und Geschäftsführer von easy inks aus Denzlingen – Hersteller und Händler von Alternativtinten. Diese Kolumne ist die dritte einer sechsteiligen Serie, in der der Experte rund um das Thema Großformatdruck schreibt.

Dieser Artikel wurde veröffentlicht in der Werbetechnik 6.16
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